Die Kanzlei Steinbock und Partner (Würzburg) hat sich einmal mit dem Thema Entschädigung für Betriebsschließungen im Rahmen der Corona-Krise auseinandergesetzt. Als Basis ihrer Überlegungen nimmt sie folgende Anordnung in Bayern, um die Ausbreitung der Pandemie zu einzuschränken: „Untersagt sind Gastronomiebetriebe jeder Art.“ (§ 4 Abs. 2 der 3. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (BayIfSMV vom 1.5.2020)). Viele Unternehmen, bei weitem nicht nur in der Gastronomie, sondern auch in der Hotel- und Reisewirtschaft, brachte diese Regelung oder ähnliche in den anderen Bundesländern schlagartig und unverschuldet an den Rand des Ruins. Ihre wirtschaftliche Existenz stand oder steht immer noch durch die Entscheidung des Staates bzw. der Länder auf der Kippe. Damit stellt sich die Frage, ob die betroffenen Unternehmer nicht in diesen Fällen Anspruch auf angemessene Entschädigung haben.
Die Frage wiederum, ob die Verbotsregelungen im Rahmen der Corona-Schutzmaßnahmen gegebenenfalls überhaupt rechtlich zulässig waren, stellt die Kanzlei dabei hinten an. „Nun ist trotz guter Argumente für die Rechtswidrigkeit klar: Die Politik muss Gefahr für Leib und Leben der Bürger nach Möglichkeit ausschließen. Deshalb geht es gar nicht so sehr darum, ob die Schutzmaßnahmen rechtswidrig waren oder nicht“.
Denn nach Meinung dieser Juristen sei folgendes entscheidend: „Selbst wenn die Betriebsschließungen rechtmäßig waren, steht den von Betriebsschließungen betroffenen Unternehmen eine Entschädigung für die entgangenen Einnahmen zu. Sie waren wirtschaftlich gesehen die Hauptleidtragenden des Lockdowns“.
Auch wenn sich die Behörden gegen Entschädigungsforderungen möglichweise verwahren, sehen diese juristischen Fachleute das Recht auf der Seite der Leidtragenden. „Allen, denen der Staat ein Sonderopfer für die Allgemeinheit abverlangt hat, steht ein Entschädigungsanspruch zu. Das ist nicht nur ein Gebot der Gerechtigkeit. Es entspricht auch der geltenden Rechtslage“.
Für die Untermauerung ihrer Position ziehen die Experten dabei das Grundgesetz heran: Der allgemeine Aufopferungsanspruch sei gewohnheitsrechtlich anerkannt und folge unmittelbar aus Art. 14 GG. Untersagt die Verwaltung den Betrieb eines Gewerbes, müsse dieser Eingriff in einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb entschädigt werden.
Auch wenn der Staat das grundsätzliche Recht hat, Betriebsschließungen im Rahmen des Gesundheitsschutzes auszusprechen, schrieb er „nur bestimmten Unternehmen die Betriebsschließung vor“. Und: „Damit erwiesen Einzelhändler, Gastronomen und Hoteliers der Gemeinschaft einen Solidaritätsdienst, den sie mit Umsatzausfällen in Milliardenhöhe bezahlten. Es ist nur vernünftig und richtig, sie auf diesem Schaden nicht sitzen zu lassen“.
Die Entschädigung bezieht sich auf den „Verdienstausfall“ des § 56 IfSG. Gewinnerwartungen fallen jedenfalls dann unter Art. 14 GG, wenn sie hinreichend konkretisiert sind. Ein Nachweis wären etwa die letzten drei BWA, Summen- und Saldenlisten usw. Steinbock und Partner weisen dabei allerdings darauf hin, dass rein vorsorglich vorgesehene und festgelegte Fristen beachtet werden sollten. In dem Beispielfall müssten die Entschädigungsanträge innerhalb von drei Monaten nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder dem Ende der „Absonderung“ bei der zuständigen Behörde gestellt werden (§ 56 Abs. 11 S. 1 IfSG). „Das wäre im Zweifel der 24.6.2020“.
Allerdings: „Im deutschen Recht ist es nicht möglich, eine hoheitliche Maßnahme erst zu dulden und dann eine Entschädigung zu fordern.“ Wer Entschädigung einfordern will, muss vorher die möglichen Rechtsbehelfe genutzt haben, also die beeinträchtigenden Maßnahmen seitens des Staates und seiner Behörden per rechtlich zugelassener Gesuche angefochten haben.
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