Mit dem neuen Gesetz Ende Juli zum autonomen Fahren hat das das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) den Rechtsrahmen geschaffen, damit autonome Kraftfahrzeuge (Stufe 4) in festgelegten Betriebsbereichen im öffentlichen Straßenverkehr im Regelbetrieb fahren können – und das bundesweit.
- Damit wird Deutschland der erste Staat weltweit, der Fahrzeuge ohne Fahrer aus der Forschung in den Alltag holt.
- Ziel ist es, bis zum Jahr 2022 Fahrzeuge mit autonomen Fahrfunktionen in den Regelbetrieb zu bringen.
Flexibilität steht bei dem Gesetz im Vordergrund: Der Betrieb führerloser Kraftfahrzeuge wird für eine maximale Zahl von Einsatzszenarien ermöglicht. Lediglich örtlich begrenzt auf einen festgelegten Betriebsbereich, werden die unterschiedlichen Anwendungsfälle vorab nicht abschließend geregelt. Einzelgenehmigungen, Ausnahmen und Auflagen wie z. B. die Anwesenheit eines ständig eingriffsbereiten Sicherheitsfahrers sind somit unnötig.
Zu den Einsatzszenarien zählen u. a.:
- Shuttle-Verkehre von A nach B,
- People-Mover (Busse, die auf einer festgelegten Route unterwegs sind),
- Hub2Hub-Verkehre (z. B. zwischen zwei Verteilzentren),
- nachfrageorientierte Angebote in Randzeiten,
- die Beförderung von Personen und/oder Gütern auf der ersten oder letzten Meile,
- „Dual Mode Fahrzeuge“ wie zum Beispiel beim Automated Valet Parking (AVP, automatische Einparkhilfe in Parkhäusern).
Das Gesetz regelt u. a. folgende Sachverhalte neu:
- Technische Anforderungen an den Bau, die Beschaffenheit und die Ausrüstung von Kraftfahrzeugen mit autonomen Fahrfunktionen,
- Prüfung und Verfahren für die Erteilung einer Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge mit autonomen Fahrfunktionen durch das Kraftfahrt-Bundesamt,
- Regelungen in Bezug auf die Pflichten der am Betrieb der Kraftfahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion beteiligten Personen,
- Regelungen in Bezug auf die Datenverarbeitung beim Betrieb der Kraftfahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion,
- Ermöglichung der (nachträglichen) Aktivierung automatisierter und autonomer Fahrfunktionen bereits typgenehmigter Kraftfahrzeuge („schlafende Funktionen“),
- Ferner Anpassung und Schaffung von einheitlichen Vorschriften zur Ermöglichung der Erprobung von automatisierten und autonomen Kraftfahrzeugen.
Zugleich soll die Automobilwirtschaft ihre Anstrengungen zum autonomen Fahren intensivieren. Wie bei dritten Sitzung der „Konzertierten Aktion Mobilität“ am 8.9.2020 vereinbart, will die Industrie die Erprobungsmöglichkeiten am Standort Deutschland konsequent nutzen, um automatisierte und autonome Fahrzeuge „erlebbar“ zu machen – gerade auch im ländlichen Raum.
Das BMVI will die Auswirkungen des Gesetzes nach Ablauf des Jahres 2023 evaluieren – insbesondere mit Blick auf die zwischenzeitlichen Entwicklungen auf dem Gebiet des autonomen Fahrens und die Fortschreibung internationaler Vorschriften sowie der Vereinbarkeit mit Datenschutzbestimmungen. Der Deutsche Bundestag wird dann über die Ergebnisse unterrichtet.
Autonomes Fahren Stufe 4: Vollautomatisiertes und eigenständiges Fahren des Systems. Personen an Bord haben nur noch den Status von Passagieren. Das System kennt seine technischen Grenzen und hält in diesen Fällen selbständig in sicheren Bereichen (Seitenstreifen) an.
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