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Im Gespräch mit MAN: „Der Verbrennungsmotor bleibt wichtiger Bestandteil“

Datum: Quelle: BUSMAGAZIN

MAN Vertriebsvorstand Heinz-Jürgen (Sales und Marketing) Löw über den neuen Lion’s Coach und seine Chancen als Mannschaftsbus, die neue Stadtbusgeneration und den Weg in die Zukunft der alternativen Antriebe.

 

Busmagazin: Wodurch unterscheidet sich die Positionierung des neuen MAN Lion’s Coach vom Neoplan Tourliner und welche Zielgruppe soll er bedienen?

Heinz-Jürgen Löw: Der Neoplan Tourliner bildet den Einstieg in das Segment der Premium-Reisebusse. Er richtet sich mit seiner gehobeneren Ausstattung, wie z. B. serienmäßigen Hauptscheinwerfern in LED, und einem Höchstmaß an Komfort und Design, z. B. Edelstahlhandläufen und Fußboden in Holzoptik in Serie, daher vor allem an anspruchsvolle Unternehmer. Als echter Allrounder eignet sich der Tourliner für den Fernlinieneinsatz ebenso wie für den Reiseverkehr.

Beim MAN Lion’s Coach stehen hingegen Zuverlässigkeit und Effizienz im Fokus. Ein Beispiel: Durch die Verwendung neuer Fertigungsverfahren und Materialien konnte trotz der Erfüllung der ab November 2017 vorgeschriebenen Umsturzrichtlinie ECE R66.02 und der damit bedingten Verstärkung des Dachbereiches das Gewicht gegenüber dem Vorgänger um 80 kg gesenkt werden. Dies führt zu einer verbesserten Zuladung und zahlt gleichzeitig auf den verbesserten Kraftstoffverbrauch ein.

 

BM: Wie geht es mit alternativen Antrieben beim Reisebus weiter? Wollen die MAN Kunden hier Angebote sehen für ihren Bedarf?

Löw: Dem Thema Emissionen müssen und wollen wir uns als Nutzfahrzeughersteller stellen, das ist ganz klar. Im Stadtbussegment waren wir immer schon mit einem sehr breiten Antriebsportfolio vertreten, teilweise breiter als der Wettbewerb. Die Unternehmer sind natürlich immer erstmal vorsichtig, gerade im Reisebussegment. Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit sowie große Tankstellennetze sind hier enorm wichtig. Natürlich kann man auch über eine Hybridisierung des Reisebusses analog KERS in der Formel 1 nachdenken. So könnten Reisebusse beispielsweise sozusagen die „letzte Meile“ voll-elektrisch in Stadtzentren fahren. Aber bei all diesen Überlegungen muss man immer bedenken, die Grundvoraussetzung ist ein positiver Business Case für den Kunden!

 

BM: Wie steht es um den neuen Stadtbus, der ja März 2018 vorgestellt werden soll und derzeit schon bei den Verkehrsbetrieben in die Erprobung geht?

Löw: Zuerst einmal kann ich Ihnen versichern, dass wir uns sehr auf das neue Produkt freuen, weil wir in der Kombination einen Stadtbus auf die Straße bringen werden der in Sachen Ergonomie, Effizienz und Design den Ton angeben wird. Das Gesamtkonzept wird für Fahrer, Fahrgäste und Betreiber ein echtes Highlight werden.

 

BM: Können Sie ruhig schlafen bei dem Umfang des Projektes, das Sie da gerade anschieben – inklusive neuem Antrieb?

Löw: Ruhig und sehr freudig obendrein! Wir sind überzeugt, dass wir unsere Hausaufgaben im minutiös geplanten Produktentstehungsprozess gemacht haben und ein Top-Produkt auf den Markt bringen werden. Die Entwicklungsteams für das Gesamtfahrzeug und den elektrischen Antrieb haben z. B. von Anfang an eng zusammengearbeitet und natürlich testen und erproben wir alle Bauteile ausführlich. Wir kommen schließlich nicht mit einem Prototyp auf den Markt, sondern mit einem serientauglichen Bus, der absolut bereit ist für den harten Alltagseinsatz. Der Anlauf wird natürlich mehrstufig erfolgen: Zuerst kommen die volumenträchtigen Versionen der Solo- und Gelenkbusse mit Dieselmotor, andere Modelle und Antriebsvarianten folgen dann etwas später. Und 2019 gesellt sich, wie sie ja wissen, dann der elektrische Lion’s City zur Familie. Gerade in dem Stadtbussegment mit seinen unzähligen Varianten ist die Einführung Schritt für Schritt ganz normal. Auch deswegen haben wir das aktuelle Modell noch für die neue Umsturzrichtlinie ECE R66.02 ertüchtigt.

 

BM: Wie geht es mit dem Dieselantrieb weiter? Der Wettbewerb investiert hier in Sachen Effizienz nochmal deutlich in den Verbrennungsmotor.

Löw: Das neue Motorenkonzept stellt auch bei uns eine große Investition dar, denn die Welt wird sich ja nicht von heute auf Morgen komplett in Richtung alternative Antriebe drehen – ich denke da vor allem an die vielen Chassis-Märkte in aller Welt. Der Kunde wünscht auch noch effiziente Dieselmotoren, die wir ihm gerne bieten, in der neuen Baureihe nochmals mit mehr Power und Effizienz. Der Verbrennungsmotor wird also vorerst ein wichtiger Bestandteil unseres Portfolios bleiben. Natürlich untersuchen wir auch weitere verschiedene Technologien und Maßnahmen wie z. B. Hybridisierung oder Stopp-Start-Systeme, aber dazu kann ich derzeit noch nicht mehr sagen.

 

BM: Die Nachfrage nach CNG-Bussen als Alternative zum Diesel hält weiterhin an? Wie lange wird es den hier gezeigten Hybridbus noch geben?

Löw: Der Gasantrieb bleibt nach wie vor ein wichtiger Bestandteil unserer Strategie vor allem in Europa, gerade konnten wir z. B. in Portugal einen Auftrag über 175 Busse verbuchen. Asien und Indien ist wiederum ein ganz anderer Markt als Europa, aber auch dort haben wir gute Erfolge vorzuweisen, zum Beispiel in Singapur oder in Südkorea, wo wir als erster europäischer Hersteller erstmals CNG-Niederflurbusse liefern können. Auch in Indien können wir, dank unserer Produktion in Pithampur, im Chassis-Bereich Erfolge vorweisen. Zum Thema Hybrid glauben wir, dass dieses Konzept durch den vollelektrischen Stadtbus ersetzt werden wird. Performance und Preise der Batterien werden sich in den nächsten Jahren enorm verändern, so dass wir hier auch ein gutes, TCO-basiertes Angebot machen können.

 

BM: Wird es einen kleinen Kulturkampf geben, der da heißt „Depotladung“ versus „Gelegenheitsladung“ oder „Asynchronmotor“ gegen „Permanentmagnet-Motor“?

Löw: Beim ersten Thema sind wir bereits da angekommen. Ingenieure können viele Lösungen anbieten, aber am Ende geht es immer um den Kunden. Wir haben viele Kundengespräche geführt, um ein transparentes Bild von den unterschiedlichen Anforderungen zu bekommen. Klar ist: Die Mehrheit der Kunden will lieber in Busse als in die Ladeinfrastruktur investieren. Daher setzen wir auf Depotladung. Beim Thema Batterien, bei denen es im Zellbereich ja nur ein paar wenige Anbieter gibt, fühlen wir uns im Volkswagen-Konzern mit den dort erreichbaren Skaleneffekten sehr wohl und vertrauen hier voll auf die VW-Gemeinschaft. Und was das zweite Thema betrifft, ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, glaube ich. Beide Motorenkonzepte sind sehr unterschiedlich in Sachen Effizienz, Bauraum und Kosten. Wir wollen uns hier nichts verbauen und prüfen beide Konzepte.

 

BM: Wie sehen Sie das Thema der autonomen People Mover? Wäre das ein Geschäftsmodell für MAN?

Löw: Das schauen wir uns natürlich genau an. Grundsätzlich handelt es sich aber  vielmehr um eine Frage der neuen Verkehrskonzepte und neuer Angebote, also darum, wohin die Reise in Zukunft geht. Nicht umsonst hat der Volkswagen-Konzern ja die Marke Moia gegründet und hier gibt es natürlich Schnittstellen zu Truck & Bus. Wenn sich im Bereich der autonomen Kleinstfahrzeuge erkennbare Chancen bieten, werden wir uns dies genau ansehen. Klar ist aber auch, dass man nicht bei jeder Idee ganz vorne mit dabei sein kann. Generell ist das autonome Fahren für den Stadtbus noch eine echte Herausforderung. Dabei geht es um die technologische Umsetzbarkeit genauso wie um gesetzgeberische Themen und vieles weitere. Wie die Welt in zehn oder zwanzig Jahren aussieht, das wissen wir heute auch nicht. Aber wir haben eine klare Verantwortung gegenüber dem Kunden, nur ausgereifte Technik zu bringen. Alles andere würde man uns nicht verzeihen. Und der Kunde wird uns am Ende des Tages sagen, was er braucht und welches die richtigen Konzepte sind.

 

BM: Wann darf man Kleinbusse auf TGE- oder Crafter-Basis erwarten? Hier gibt es ja immer noch eine echte Lücke im Programm.

Löw: Wir sind jetzt dank der erfolgreichen Einführung des MAN TGE in der Lage, unser Programm mit eigenem Fahrzeug „nach unten“ abrunden zu können. Der erste Schritt, welchem wir uns mit dem BMC in Plauen verschrieben haben, ist die Individualisierung von bis zu neunsitzigen VIP-Shuttles. Wir schauen uns gerade sehr genau an, in welche Richtung wir gehen wollen, ob es Potenzial für Kooperationen gibt, oder ob wir selbst etwas Eigenes auf die Räder stellen. Generell spielt das Thema Individualisierung in Plauen eine deutlich größere Rolle, und die Auslastung steigt weiter an.

 

BM: Wie geht es bei der Premiummarke Neoplan weiter, deren traditionsreichster Vertreter Skyliner ja 2017 sein 50jähriges Jubiläum begeht?

Löw: Wir bekennen uns ganz klar zur Marke Neoplan. Durch das Skyliner-Update und den sehr gelungenen neuen Tourliner hat die Marke nochmal deutlich Wind in die Segel bekommen. Letzterer ist sogar ein noch größerer Erfolg geworden, als wir selbst gedacht hatten. Gerade der 13-m-Zweiachser ist auf einigen, auch europäischen Märkten dringend erforderlich gewesen. Und die Entscheidung vor ein paar Jahren, den Skyliner wieder zu uns zurückzuholen und weiterzuentwickeln war definitiv richtig. Ich denke, wir werden auch in der nahen Zukunft diese Erfolgsgeschichten mit konkreten Zahlen belegen können. Wir haben in den letzten drei Jahren beim Gesamtmarktanteil stetig gewinnen können, und auch mit Neoplan wollen wir wieder deutlicher wachsen. In den letzten drei Jahren konnten wir den Absatz um rund 30 % steigern. Damit werden wir auch 2017 das dritte Mal in Folge unser gesetztes Ziel erreichen.

 

Das Interview führte: Thorsten Wagner

Bildquelle: Wagner




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