Mit dem modifizierten Tourneo Custom stellt Ford Busunternehmen eine interessante Option beispielsweise für Shuttle- oder Bringservice bereit. Wir fuhren aktuell verschiedene Motorisierungen auf Testrunden im Rhein-Main-Gebiet.
Ich trete das Gaspedal voll durch. Fühle mich wie von einer Faust in den Sitz gedrückt, spüre das Fahrzeug von 170 Pferdestärken unnachahmlich nach vorne katapultiert. Der Rausch währt allerdings nur kurz, ein gutes Dutzend Sekunden und wenige hundert Meter, bis mich ein greller Blitz in die Realität zurückholt. Nein, Warp-Antrieb wird nicht gezündet, vielmehr beweist die hessische Polizei einmal mehr ihr Gespür für taktisch gut positionierte Radarfallen.
Nun, es ist erst mein zweites Ticket in zwanzig Jahren Testeralltag – man würde mich sicherlich nicht als beruflich motivierten Raser einordnen, was auch daran liegt, dass es sich bei den üblichen Testobjekten um gemächlich sich voran bewegende Omnibusse mit 12 t und mehr handelt. Dieses Mal sind mir die Pferdestärken leider etwas durchgegangen.
Das liegt sicherlich hauptsächlich daran, dass die neue Topmotorisierung des modernisierten Ford Tourneo Custom mit 125 kW/170 PS den Spaßfaktor im ansonsten ja oft grauen Beförderungsalltag doch ein gutes Stück nach oben schrauben kann. Wobei man mit den beiden anderen Triebwerken mit 77 bzw. 96 kW auch nicht schlecht unterwegs ist, wie wir im Verlaufe des Tages auf verschiedenen Testabschnitten zwischen dem hessischen Neu-Isenburg und dem unterfränkischen Wörth am Main feststellen konnten. Nur wäre in meinem Fall der ab dem Ausstattungspaket Trend verfügbare Geschwindigkeitsbegrenzer zusätzlich zur an Bord befindlichen Verkehrszeichenerkennung sicherlich hilfreich gewesen.
Die erhöhte Motorleistung ist nur ein Bestandteil des umfangreichen Maßnahmenpakets, um dem Tourneo Custom ein zeitgemäßes, dem Corporate-Identity-Look des Ford-Konzerns angeglichenes Wesen zu verleihen. Über 2000 Teile habe man dabei verändert, berichtete Ford-Nutzfahrzeugchef Bernhard Schmitz. So wurde die Front mit dem trapezförmigen, fünfteiligen Chromkühlergrill und den schmalen, geschwungenen Scheinwerfern dem Pkw-Design angepasst. Auch die Außenspiegel sind neu, ebenso wie die Radzierblenden und die Leichtmetallräder. Erstmals erhältlich ist auch LED-Tagfahrlicht, ergänzt durch optionale Xenon-Scheinwerfer mit dynamischem Kurvenlicht. Ein Stopp-Start-System erhöht die Wirtschaftlichkeit. Neben dem bereits erwähnten Geschwindigkeitsbegrenzer sorgt nun auch ein radar- und kameragesteuerter Pre-Collison-Assistent mit Fußgängererkennung inklusive Nachtmodus für zusätzliche Sicherheit, bekannt aus dem Mondeo.
Im Fahrzeuginnern fällt vor allem das sprachgesteuerte Kommunikations- und Entertainmentsystem Sync 3 mit großem, die Mittelarmatur dominierendem 8“-Touchscreenmonitor auf. Es ist kompatibel mit Apple CarPlay und Android Auto. Über AppLink lassen sich Smartphone-Apps wie beispielsweise Spotify per Sprachbefehl steuern. Viele Ablageflächen charakterisieren zudem das umgestaltete Cockpit, dass sich von seinen Armaturen her zudem erstmals deutlich vom Transit Custom unterscheidet.
Die Sitzkonfiguration im acht- bis neunsitzigen Tourneo kann variabel mit Einzel- oder Doppelsitzen gestaltet werden. Für ein angemessenes Platzangebot in der gewerblichen Personenbeförderung bietet es sich zunächst sicherlich an, L2 mit 5340 mm der L1 (4973 mm) vorzuziehen. Je nachdem, ob Kofferraum benötigt wird oder nicht, kann dann für den Fond zwischen Busvariante mit 3-3-Bestuhlung oder Shuttle-Bus-Ausführung im 2-2-3-Layout gewählt werden.
Ansonsten lassen fünf Ausstattungspakete kaum Wünsche offen. Der Einstieg bildet „Ambiente“ mit Nettopreisen von 34.210 Euro für die Bus- und 35.170 Euro für die Shuttle-Bus-Variante. Über „Trend“ (35.710/38.420 Euro), „Titanium“ (39.925/43.085 Euro) und „Titanium X“ (42.425/45.585 Euro) steigt das Ausstattungsniveau immer weiter an. Teuerste Ausführung ist „Sport“, die es mit 44.375 Euro allerdings nur in der Bus-Option gibt – inklusive GT-Streifen auf der Motorhaube.
Positiv ist uns während der Testfahrten neben der Agilität des Fahrzeugmodells mit einem geringen Wendekreis von 11,60 m vor allem die angenehme Atmosphäre an Bord aufgefallen. Neben hochwertigen Materialien wie extra-dicken Garngeweben und weichem Leder trägt dazu die gute Geräuschisolierung bei.
Noch leiser könnte es jedenfalls streckenweise ab kommendem Jahr zugehen. Denn dann kommt die PHEV-Variante mit 1-l-EcoBoost-Motor (100 PS) als Range-Extender auf den Markt, die mindestens 50 km lokal emissionsfrei unterwegs sein kann. Dafür sorgt ein Elektromotor in Kombination mit einer kompakten, flüssigkeitsgekühlten Lithium-Ionen-Batterie im Fahrzeugboden. Nach einem ersten Test in London mit 20 Fahrzeugen folgt in diesem Jahr ein weiterer in Köln, bei dem über Telematiksysteme an Bord Daten über die ökonomische und ökologische Leistungsfähigkeit des Antriebsstrangs gesammelt werden.
Text: Peter Brückner
Bildquelle: Ford-Werke GmbH