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e-Crafter Lord: Für die kleinen Aufgaben im ÖPNV

Datum: Quelle: BUSMAGAZIN

Immer mehr Bushersteller, Umbauer und Handelsgesellschaften ergänzen ihr Portfolio um elektrisch angetriebene Minibusse. Jetzt hat auch OV Steinborn einen E-Bus auf Crafter-Basis als Frontniederflurvariante im Sortiment.

Dass die Elektrifizierung bei Kleinbussen an Fahrt aufnehmen wird, war nur eine Frage der Zeit. Wenn die kommunalen Flottenbetreiber ihre Fahrzeuge beginnen, durch E-Busse zu ersetzen, dann wird es nicht mehr lange dauern, bis Städte und Gemeinden auch bei den Kleinbussen alternative Antriebe, vor allem eben mit Elektromotor begrüßen würden. Auch wenn die E-Kleinfahrzeuge der aktuellen Generation in puncto Reichweite gegenüber Dieselfahrzeugen bei weitem (noch) nicht mithalten können – genauso wenig wie die großen E-Busse gegenüber ihren Pendants.

Den allerersten Anfang machten hierzulande Mercedes-Benz und Volkswagen, die zuerst ihre Transporter – Sprinter und Crafter (bzw. MAN TGE) – elektrifizierten. Im Anschluss folgten die 9-Sitzer, sprich die Kombis, die sich in Sachen E-Antrieb nicht von ihren Nfz-Brüdern unterscheiden.

Nische für E-Kleinbusse im ÖPNV

Ihnen folgten und folgen noch die Auf- und Umbauer. Sie erkennen im ÖPNV eine potenzielle Nische für E-Kleinbusse und beginnen, sie mit eigenen Modellen zu besetzen. Zwar greifen die Um- und Ausbauer dabei auf die Serienfahrzeuge der Industrie zurück. Aber sie verwandeln in eigener Regie die E-Transporter in echte (Klein)Busse, die als Bürger- oder als Linienbus in den Einsatz gehen können. So erweiterte VDL Bus & Coach z. B. seine Mini- und Midibus-Produktpalette Coach bestehend aus MidCity und MidEuro um den MidEuro Electric. Basisfahrzeug ist hier der VW Crafter. K-Bus wiederum greift bei seinen elektrischen Bürger- und Citybussen auf den Nissan e-NV 200 zurück. Von diesem nutzt man eigentlich nur das Antriebskonzept sowie das Cockpit und flanscht dann in Eigenregie ein durchgehendes Niederflurheck an.

Auch in Erbach bei Ulm verfügt die Firma OV Steinborn GmbH nun über einen Elektrobus. Hierbei setzt man zurzeit auf den eSprinter oder alternativ auf den e-Crafter von VW bzw. den baugleichen MAN eTGE. Antrieb, Cockpit und die wesentlichen Fahrzeugmaße (Länge, Radstand) blieben beim in der Türkei bestellten Umbau original; der Fahrgastraum erfuhr jedoch eine völlige Überarbeitung.

Einen dieser e-Crafter aus dem Hause Steinborn, der hier momentan seinen Dienst als Vorführer tut, haben wir uns kürzlich vor Ort einmal näher angeschaut. Dabei handelt es sich um eine 3,5-Tonner mit acht Sitzplätzen und einem Niederflursegment im vorderen Fahrgastraum, gedacht als Bürgerbus. Es gibt ihn aber auch als e-Crafter mit 4,2 t zul. GG und maximal 16 Fahrgästen (8 Sitz-, 8 Stehplätze) – dann zugelassenen als Kleinbus im ÖPNV-Einsatz. Verblüffend geräumig wirkt der Crafter mit einem breiten Zustieg und einer überraschenden Stehhöhe, so der erste Eindruck vom Umbau.

2.120 mm Stehhöhe

Die Innenraum- und Türmaße des Kleinen können sich durchaus sehen lassen. Die zweiflüglige, elektrische Außenschwingtür an der rechten Fahrzeugflanke kommt auf eine Höhe von 2.000 mm. Die Einstiegsbreite liegt bei 970 mm und die Einstiegshöhe bei 270 mm. Direkt hinter der Doppeltür erstreckt sich auf 1.300 mm Breite ein Niederflurbereich, der zur Tür sogar leicht geneigt ist. 2.120 mm lautet hier die Stehhöhe. Eine Rampe erleichtert den Zustieg für Kinderwagen und Co. Ein mittransportierter Rollstuhl o. ä. kann über in den Boden eingelassene Aluschienen fixiert werden. Eine Rückenlehne und dazugehöriger Sicherheitsgurt sind entgegen der Fahrtrichtung hinter dem Fahrerplatz montiert.

Direkt links am Anschluss an diese Plattform sind zwei gepolsterte Klappsitze auf einem dann zum Heck durchgehenden Podest montiert, deren Sitzflächen aber in den Niederflurteil hineinreichen. Zwischen ihnen geht es über zwei Stufen (160/ 130 mm) zu den restlichen sechs vollwertigen und gepolsterten Sitzen (alle M1-Sitze mit Dreipunktgurt). Selbst hier auf dem Podest beträgt die Stehhöhe noch 1 840 mm. Die Fahrerkabine ist vom Fahrgastraum wiederum durch eine, großflächige, weitgehend durchgehende Scheibe aus Sicherheitsglas getrennt – eine Schutzmaßnahme in Zeiten von COVID-19 und Mutanten. Der Beifahrersitz wurde bei diesem Modell ausgebaut. Hier sitzt ein geräumiger Staukasten, um den sich die Schutzscheibe schwingt und der zugleich als Unterbau für einen Zahltisch genutzt werden könnte. Seine Klappe lässt sich direkt hinter der Doppeltür vom Fahrgastraum aus öffnen.

Einziger Nachteil der großen Schutzscheibe: Sie sitzt im Innenraum vor den Haltestangen hinter dem Fahrerarbeitsplatz und ist an diesen ordentlich verschraubt. Dadurch sind die Stangen ihrer Funktion im Wesentlichen beraubt und lassen sich von den stehend mitfahrenden Fahrgästen im ÖPNV-Einsatz nicht mehr benutzen. Der Fahrgastraum wird von zwei Leuchtstreifen am Fahrzeughimmel ausgeleuchtet. Auch die Luftaustrittsdüsen für die Klimatisierung sind in die Fahrzeugdecke eingearbeitet. Haltewunschtasten sitzen, wie es sich für einen Stadtbus gehört, im Niederflurbereich an der Seitenwand. Ihr Signal sieht der Fahrer in einem Display.

Ob die Tasten wirklich notwendig sind, darf man hinterfragen. Schließlich ist der e-Crafter klein genug, um sich akustisch zu verständigen. Auch wenn die Sicherheitsscheibe die Kommunikation etwas einschränken mag. Am Heck besitzt der Crafter noch seine serienmäßigen Flügeltüren. Aber einen Gepäckraum gibt’s hier de facto nicht mehr. Der verfügbare Raum wurde komplett für die Bestuhlung genutzt. Für einen Bus im ÖPNV (oder als Bürgerbus) ist das so auch völlig in Ordnung. Schließlich sind die Fahrgäste nur eine kurze Zeit an Bord, bevor sie an der nächsten oder übernächsten Haltestelle wieder aussteigen.

Das Cockpit entspricht dem des Serien-e-Crafters von Volkswagen und ist auf dem Stand der Zeit. Der E-Motor stellt 100 kW/136 PS zur Verfügung. Das Drehmoment liegt bei 290 Nm. Bei 90 km/h riegelt der Bus ab. Seine Leistung kommt aus Lithium-Ionen-Batterie (35,8 kW, 344 kg), die teils durch Rekuperation während der Fahrt wieder aufgeladen werden. Der Strom kommt ansonsten aus der Steckdose (Combined Charging System für Gleich- und Wechselstrom). Die Ladezeiten gibt Steinborn mit maximal 60 Min. an einer 50-kW-Schnellladestation an (bis zur 80 % Aufladung), bei einer 11-kW-Wallbox mit 5 Std. und an der Haushaltssteckdose mit 12 Std.

Die Reichweite liegt bei dieser Batteriegeneration beim e-Crafter von Steinborn bei etwas mehr als 100 km. Sechs bis acht Wochen dauert der reine Umbau, der in Bursa im Nordwesten der Türkei stattfindet. Partner von Steinborn ist hier Esref Karoser. Ihm liefert Steinborn die e-Crafter als Transporter per Tieflader zu, bevor die türkischen Fachleute den Kastenwagen in einen Kleinbus verwandeln. Preislich setzten die umgebauten e-Crafter bei Steinborn übrigens bei 82.000 Euro (netto) an.

 

Text und Bildquelle: Dirk Sanne




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