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RSG: Wenn alle Stricke reißen sollten

Datum: Quelle: BUSMAGAZIN

Das Reisesicherungsfondsgesetz (RSG) ist Fakt. Die touristischen Verbände haben das Ihre getan, um im Vorfeld die Gesetzgebung in ihrem Sinne zu beeinflussen. Jetzt geht es darum, die GmbH hinter dem Fonds mit Leben zu füllen. Doch auch dabei droht Ungemach.

I n der Nacht vom 10. auf den 11. Juni hat der Bundestag in zweiter und dritter Lesung das Gesetz über die Insolvenzsicherung durch einen Reisesicherungsfonds verabschiedet. Oder besser gesagt durchgewunken, denn viel zu besprechen und zu diskutieren gab es da nicht mehr. Am 30. Juni 2021 wurde das Gesetz im Bundesgesetzblatt verkündet (Gesetz über die Insolvenzsicherung durch Reisesicherungsfonds, Reisesicherungsfondsgesetz – RSG).

Damit ist es wie geplant seit dem 1. Juli gültig. Der neue Reisesicherungsfonds soll ab 1. November seine Arbeit aufnehmen und die Absicherung übernehmen. Nun mehr erfolgt also die Insolvenzsicherung über einen Reisesicherungsfonds, der in der Rechtsform einer GmbH organisiert ist und ein Fondsvermögen verwaltet, in das die Reiseveranstalter einzahlen müssen.

Der Reisesicherungsfonds soll die bisherigen Absicherungsformen, die von den Versicherungen und Banken angeboten werden, grundsätzlich ablösen. Demnach müssen sich Reiseveranstalter mit einem Jahresumsatz von über 3 Mio. Euro im Pauschalreisegeschäft in dem neuen Pflichtfond absichern.

Das Gesetz sieht aber eine Ausnahmeregelung für Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 3-10 Mio. Euro vor (OptOut-Umsatzgrenze). Diese Unternehmen können sich alternativ freiwillig am Markt versichern. Es gilt allerdings keine Haftungsgrenze.

Zufrieden mit dem Gesetz zeigte sich damit der Deutschen Tourismusverband (DTV) nicht. Sein Geschäftsführer Norbert Kunz kritisierte bereits tags darauf die Entscheidung des Bundestages: „Das Ergebnis ist enttäuschend. Die Interessen von Veranstaltern im Deutschlandtourismus, wie Freizeitparks oder Tourismusorganisationen, deren Schadensrisiko gering ist, wurden nicht ausreichend berücksichtigt. Teure und aufwändige Rückholaktionen spielen innerhalb Deutschlands keine große Rolle“, so er. „Damit drohen zum Teil deutlich höhere Kosten für die Insolvenzversicherung als bisher.“

Die Pleite des Thomas Cook-Konzerns im Jahr 2019 und die teure Repatriierung gestrandeter Touristen, die der Bund finanziert hatte, waren die Hauptauslöser für die Schaffung eines neuen Versicherungsgesetzes in der Pauschalreise gewesen.

Auch die Ausnahmeregelung (Opt-Out) sei schlicht Augenwischerei, ist vom DTV zu hören. Denn in diesem Fall muss künftig der gesamte Umsatz abgesichert werden. Folglich sei mit deutlich höheren Versicherungsprämien zu rechnen.

Noch schärfer stieß der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) ins Horn. Er merkte zur Ausnahmeregelung an, dass es keinen Versicherer geben wird, der Busunternehmen über 3 Mio. Euro Jahresumsatz versichert ohne eine Haftungslimitierung. Eine solche Regelung wäre damit das Papier nicht wert, auf dem es steht und stelle eine absolute Mogelpackung dar, unterstreicht der bdo.

Dagegen zeigte sich der RDA wesentlich zufriedener: „Die Festlegung der Opt-Out-Umsatzgrenze auf 10 Mio. Euro wird dazu führen, dass mehr als 95 % der Reiseveranstalter in der Bus- und Gruppentouristik die Möglichkeit haben werden, sich wie bisher auf dem Versicherungsmarkt abzusichern. Erleichternd kommt hinzu, dass der pandemiebedingt niedrige Pauschalreiseumsatz aus 2020 bei der Opt-OutBetrachtung zu Grunde gelegt werden kann“, betonte RDA-Präsident Benedikt Esser. Auch die Herabsetzung der Anforderungen an die zu stellenden Sicherheiten von 7 auf 5 % des Pauschalreiseumsatzes für Unternehmen, die in den Reisesicherungsfonds müssen oder wollen, begrüßte der RDA.

Damit zusammenhängend forderte der RDA den Zugang zu öffentlichen Bürgschaftsprogrammen, um die Hürden der Sicherheitenstellung für die Reiseveranstalter erheblich zu erleichtern. Diese Bürgschaftsprogramme ständen auch jenen zur Verfügung, die sich außerhalb des Reisesicherungsfonds im Versicherungsmarkt absichern können.

RDA-Vizepräsident Ulrich Basteck wies zudem auf § 5 Absatz 3.2 im RSG hin, der eine Abweichung von der vorgeschriebenen Berechnung des Umsatzes erlaubt. „Der Pauschalreiseumsatz wird zumeist anhand einer Prognose für 2022 durch den Reiseveranstalter selbst zu ermitteln sein, da das zurückliegende Geschäftsjahr aufgrund außergewöhnlicher Umstände nicht herangezogen werden kann.

Nachdem das Gesetz nunmehr endgültig in trockenen Tüchern, der Kampf um Einflussnahme auf die Fond regeln seitens der unterschiedlichen Lobbyisten vorbei ist – hierbei muss man leider feststellen, das z. B. bdo und RDA nicht immer glücklich kooperierten – und jeder seine Wunden lecken darf, geht es jetzt darum, wie die GmbH hinter dem Fonds mit Leben zu füllen ist.

Dazu haben die Allianz Selbständiger Reisunternehmen (asr), der Deutsche Reiseverband (DRV), der RDA sowie der Verband Internet Reisevertrieb (VIR) die Erlaubnis beantragt, den Reisesicherungsfonds betreiben zu dürfen. Dafür haben die Verbände bereits eine GmbH gegründet, die diese Aufgaben künftig übernehmen könnte. Doch damit geht der Streit wohl in die nächste Runde.

Ende Juni stellte die AfD-Fraktion im Bundestag in einer Kleinen Anfrage (19/31272) an die Bundesregierung die Frage, ob sie einen Interessenkonflikt bei der Ausübung der Aufsicht im Reisesicherungsfonds sehe bzw. wie sie ihn vermeiden will. Der Hintergrund der Anfrage ist, dass die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert, die Geschäftsführung des Reisesicherungsfonds habe ausschließlich die Interessen der Pauschalreisenden zu vertreten und dürfe nicht aus der Reisebranche kommen. Weiterhin will die Partei wissen, ob aus Sicht der Bundesregierung ein Interessenkonflikt drohe, wenn der Deutsche Reiseverband (DRV) Gesellschafter des Fonds werden sollte. Und ob es ein staatliches Interesse gäbe, das der Reisekonzern TUI Mitglied des Fonds wird. Die Antwort seitens der Bundesregierung steht noch aus. Man darf also durchaus auf die nächste Runde in diesem Politpoker gespannt sein.

 

Text: Dirk Sanne

Bildquelle: pixabay/Alexis




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