Von Bundesland zu Bundesland zeitlich versetzt, sollen ab Anfang bzw. Mitte Juni – in beschränktem Umfang – Bus- und Gruppenreisen in Deutschland wieder möglich sein. Viele Details sind zwar noch nicht abgestimmt. Die Landesverbände der Busreisebranche sind weiterhin in Gesprächen mit den jeweils verantwortlichen Landesministern, um diese zu klären. Wie groß dürfen Gruppen sein, wie sieht’s mit den Hygiene-Vorgaben oder wie mit Durchfahrtregeln (oder Verboten) durch Bundesländer aus, die den Gruppenreiseverkehr erst später lockern? Erfahrungsgemäß wird man sich noch rechtzeitig einigen, aber eben mit den mittlerweile „gewohnten“ landestypischen Unterschieden.
Nur fahren dürfen, heißt noch lange nicht, dass man auch Fahrgäste wieder an Bord bekommt. Wir haben mit einem renommierten Gruppenreiseveranstalter gesprochen, wie er die Lage einschätzt und vor allem, wie er sein Geschäft wieder ankurbeln will.
Die Kultour & Natour Touristik GmbH in Dormagen ist ein Spezialveranstalter für Kunst-, Erlebnis-, Musik- und Studienreisen, die 95 % ihres Umsatzes mit Direktkunden erzielt. Daher stellte sich die Corona-Lage für dieses Unternehmen naturgemäß etwas anders dar, als dies bei Busunternehmen oder Paketern der Fall sein kann.
Im März unter der beginnenden Wucht der Corona-Krise entschied sich das Unternehmen unter seinem Chef Michael Schwinge, die Betriebsfähigkeit schnellstmöglich zu sichern - also Soforthilfen, KfW-Kredite und Kurzarbeitergeld zu beantragen. Zugleich wickelte man geplante Reisen unter Auszahlungen aller Kundengelder ohne Gutscheinangebot ab, aber mit der Bitte um Solidarität. „Während die Sicherung der Betriebsfähigkeit noch im März abgeschlossen werden konnte, zog sich die Bearbeitung der abgesagten Reisen - nicht zuletzt auch durch die große Zahl der Oberammergauer Passionsspiel-Buchungen - etwas hin. Trotzdem wurde die Rückzahlung der Kundengelder aller gebuchten Reisen von März bis Juni - bzw. Oberammergau bis September - bereits zum 14.5.2020 abgeschlossen“, erklärt Michael Schwinge. Wichtig war (und ist) ihm zudem die Intensivierung der Kommunikation mit seiner gesamten Kundschaft. Damit er während der Reiseverbotszeit nicht den Kontakt zu sein potenziellen Gästen verliert.
Die Dormagener rechnen aktuell für die nächste längere Zeit mit keinem „Zurück zum Normalgeschäft“. Sie sehen zudem bei ihren Kunden drei unterschiedliche Verhaltensmuster: Ängstliche Kunden, für die Reisen zunächst überhaupt nicht mehr in Frage kommt. Kunden, die zur Risikogruppe zählen und daher zurückhaltend sind bzw. sich aufgrund wirtschaftlich prekärer Verhältnisse zurzeit Reisen nicht leisten können. Und jene Kunden, die mit den Hufen scharren und denen es nicht schnell genug wieder losgehen kann. „Die Kultour & Natour Touristik wird sich auf die dritte Gruppe konzentrieren. Dieser werden wir so bald wie möglich hochwertige Tagesausflüge in kleiner Gruppe, Kurzreisen, Themenreisen, Reisen innerhalb Deutschlands und - im Umkreis von max. 400 km - Reisen ins benachbarte Ausland anbieten“, erklärt Michael Schwinge in der wahrscheinlichen Annahme, dass die Grenzen demnächst ebenfalls für den Bus wieder passierbar werden. „Die Kunden, die wir den anderen beiden Gruppen zuordnen, werden ebenfalls informiert und hoffentlich im Verlauf der nächsten 18 Monate zurückgewinnbar sein“.
Mit dieser Strategie streben die Niederrheiner an, schrittweise wieder ins Geschäft zu kommen und ihm nach und nach wieder reguläre Strukturen geben zu können. Wir drücken die Daumen.
Text: Dirk Sanne
Bild: Michael Schwinge
Bildquelle: Kultour & Natour Touristik GmbH