In einem aktuellen Urteil hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) zum Thema Verfall von Urlaubsansprüchen für die Arbeitgeber klare Pflichten formuliert. Dabei liege die „Initiativlast für die Verwirklichung des Urlaubsanspruchs“ ganz klar beim Arbeitgeber, stellten die Richter des neunten Senats des Bundesarbeitsgerichts klar, die in ihrem Urteil auch die Vorgaben der EU aus dem Jahr 2018 berücksichtigten. Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub erlischt in der Regel daher nur dann am Ende des Kalenderjahres, wenn der Arbeitgeber ihn zuvor über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.
Im konkreten Fall hatte ein Arbeitnehmer geklagt, der nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses ohne Erfolg verlangt hatte, dass der von ihm nicht genommene Urlaub im Umfang von 51 Arbeitstagen aus den Jahren 2012 und 2013 mit einem Bruttobetrag in Höhe von 11.979,26 Euro ausbezahlt werden sollte. Einen Antrag auf Gewährung dieses Urlaubs hatte der als Wissenschaftler angestellte Mann während seines Arbeitsverhältnisses nicht gestellt.
Das Bundesarbeitsgericht erklärte zu diesem Fall, dass nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG, Urlaub, der bis zum Jahresende nicht gewährt und genommen wird, verfällt. Das galt nach bisheriger Rechtsprechung selbst für den Fall, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber rechtzeitig, aber erfolglos aufgefordert hatte, ihm Urlaub zu gewähren. Allerdings konnte der Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen Schadensersatz verlangen.
Diese Rechtsprechung hat das BAG weiterentwickelt und damit die Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgrund der Vorabentscheidung vom 6. November 2018 umgesetzt. Nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG sei es zwar dem Arbeitgeber vorbehalten, „die zeitliche Lage des Urlaubs unter Berücksichtigung der Urlaubswünsche des Arbeitnehmers festzulegen“. Diese Vorschrift zwinge den Arbeitgeber damit zwar nicht, dem Arbeitnehmer von sich aus Urlaub zu gewähren. Allerdings obliege ihm daraus – unter Beachtung von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) auch – „die Initiativlast für die Verwirklichung des Urlaubsanspruchs“.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs muss der Arbeitgeber daher, „konkret und in völliger Transparenz“ dafür sorgen, dass der Arbeitnehmer „tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn – erforderlichenfalls förmlich – auffordert, dies zu tun“. Der Arbeitgeber habe „klar und rechtzeitig mitzuteilen“, dass der „Urlaub am Ende des Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums verfallen wird, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht nimmt“.
Bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 7 BUrlG könne der Verfall von Urlaub daher in der Regel nur eintreten, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Februar 2019 (9 AZR 541/15), Vorinstanz: Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 6. Mai 2015 (8 Sa 982/14).
Thomas Burgert
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